Marianne Motherby: Kant und die Familie Motherby

Robert Motherby (23.12.1736 - 13.02.1801)

Robert Motherby (23.12.1736 – 13.02.1801)

Robert Motherby, der langjährige Freund Kants, wurde am 23.12.1736 in Hull (Yorkshire, England) geboren. Er hatte vier Brüder und drei Schwestern. Sein Vater George (geb. 20.12.1688), verheiratet mit Anne Hotham, starb 1748, als Robert noch ein Kind war. Robert Motherby kam wohl um 1751 nach Königsberg: Der in Königsberg tätige englische Kaufmann Joseph Green (1727-1786) suchte einen zuverlässigen jungen Engländer als Gehilfen, der möglichst eines Tages sein Teilhaber werden sollte. Joseph Green, der wie Robert Motherby aus Hull stammte, war unverheiratet und kinderlos. Zwecks Empfehlung eines besonders pflichtbewussten jungen Mannes hatte Green sich an einen in Hull ansässigen Geschäftsfreund gewandt, woraufhin ihm Robert Motherby empfohlen worden war. Robert Motherby kam zwar ohne jegliche Deutschkenntnisse nach Königsberg, bewährte sich aber schnell und wurde Teilhaber Greens, übernahm auf dessen Wunsch die Firma schließlich vollständig und führte sie erfolgreich weiter.

Als junger Dozent verfügte Kant nur über ein geringes Einkommen. Er legte aber immer wieder kleinere Summen bei Green und Motherby an, die sein Vermögen gut verwalteten, so dass er später recht wohlhabend war. Kant, Green und Motherby waren nicht nur Geschäftspartner, sie wurden auch enge Freunde. Von dieser Freundschaft zeugt ein Champagnerglas mit folgender Gravur:

Inschrift_(1)_(2)

Glas Kant_(1)

1762 heiratete Robert Motherby Charlotte Toussaint (30.4.1742-10.9.1794). Sie war eine von mehreren Töchtern von Jean Claude Toussaint, (geb. 21.5.1709 in Magdeburg, gest. 23.12.1774 in Königsberg) und seiner Frau Catherine, geb. Fraissinet (geb. 1719 in Königsberg und gest. 21.10.1744 in Königsberg). Jean Claude Toussaint war Mitinhaber des Handelshauses Toussaint & Laval. Seine Eltern stammten aus Frankreich.

Robert und Charlotte Motherby hatten 11 Kinder (6 Söhne und 5 Töchter; ein Sohn und eine Tochter starben kurz nach der Geburt). Die vielen Wochenbetten griffen Charlottes Gesundheit stark an; sie starb im Jahr 1794 mit nur 52 Jahren.

Charlotte Motherby (30.4.1742-10.9.1794)

Charlotte Motherby (30.4.1742-10.9.1794)

Kant war bis ins hohe Alter1 ständiger Gast im Hause Motherby; er spielte und scherzte mit den Kindern und war für sie wie ein Familienmitglied. Jeden Sonntag aß er bei der Familie Motherby zu Mittag. Dazu lud ihn Robert Motherby stets schriftlich ein, d. h. er schickte am Sonntagvormittag seinen Diener zu Kant, der ihm die Einladung überbrachte. Wenn Kant seinerseits Robert Motherby zum Mittagessen einlud, schickte er am Vormittag desselben Tages seinen Diener Lampe mit der Einladung zu ihm. Auf diese höfliche Aufmerksamkeit legte Kant viel Wert; der Eingeladene sollte die Möglichkeit erhalten abzusagen, wenn es ihm nicht passte. Auch in so alltäglichen Dingen waren Kant Rücksichtnahme und Respekt der Freiheit des anderen stets wichtig.

Im Jahre 1892 (also lange nach dem Tod Kants) beauftragte der Königsberger Bankier und Mäzen Walter Simon den Historienmaler Emil Doerstling mit einem Gemälde, das veranschaulichen sollte, wie Kant in seinem Haus als Gastgeber lebte. Nach einer Schrift von Christian Friedrich Reusch “Kant und seine Tischgenossen” aus dem Jahr 1847 hat Doerstling bekannte Königsberger Persönlichkeiten dargestellt, die häufig bei Kant eingeladen waren (darunter auch Robert Motherby, in dem Gemälde an der linken Seite Kants sitzend; an der Wand zwischen Kant und Motherby hängt ein Portrait Jean-Jacques Rousseaus).

Im Museum des wieder aufgebauten Königsberger Doms hängt eine Nachbildung dieses Gemäldes.

Die Kinder von Robert und Charlotte Motherby genossen eine freisinnige Erziehung, an der Kant einen erheblichen Anteil hatte, und sprachen fließend deutsch, englisch und französisch. Kant wirkte darauf hin, dass zunächst George und später auch William und Joseph im Alter von 6 bis 13 Jahren das von ihm wegen seiner fortschrittlichen Lehrmethoden geschätzte Philantropinum in Dessau besuchten2.

 Kant und seine Tischgenossen (Bildausschnitt)

Kant und seine Tischgenossen (Bildausschnitt)

Robert Motherby starb am 13.02.1801, fast auf den Tag genau drei Jahre vor Kant. George (1770 – 1799) und Joseph (1775 – 1820) traten in die Fußstapfen des Vaters und wurden ebenfalls Kaufleute, starben aber in jungen Jahren. Joseph hinterließ seine Frau Marie Thérèse und zwei Söhne, die später nach St. Petersburg gegangen sein sollen und von denen man nichts mehr gehört hat.

William war noch sehr jung, als er in Königsberg studierte und sich für das Studium der Medizin entschied. Im Alter von nur 20 Jahren promovierte er in Edinburgh zum Doktor der Medizin, führte in Königsberg die Kuhpockenimpfung ein und wurde ein angesehener, aber „nicht für alle geeigneter“ Arzt.

Prof. Ernst August Hagen (1797 – 1880), Professor für Kunst- und Literaturgeschichte an der Albertina und Sohn des Königsberger Hofapothekers und Begründers der wissenschaftlichen Pharmazie Karl Gottfried Hagen (1749 –1829), sagte 1847 in seiner Gedächtnisrede auf William Motherby:

„Obgleich sein schnelles Wesen, da er die Patienten mit ihren Klagen nicht zuende kommen ließ und ihnen ins Wort fallend sie eines Besseren bedeutete, ihn nicht für alle eignete, so waren doch die, die von ihm Rat und Hilfe begehrten, vollkommen mit ihm zufrieden und bewahrten ihr Vertrauen auf seine Geschicklichkeit bis zum letzten Lebenshauche. Sein Erscheinen galt nicht nur den Kranken, sondern dem ganzen Hause stets als ein Fest, und die treuherzige Teilnahme an allen Ereignissen desselben, die gute Laune, die stets in seinem Geleite war, die Sicherheit und Geistesgegenwart, mit der er dem erkannten Übel begegnete, sichert ihm bei vielen ein dankbares Andenken. …… Kant gab viel auf sein gediegenes Wissen und stellte ihm darüber in einem Briefe an Soemmerling ein erfreuliches Ehrenzeugnis aus.“

William Motherby (12.09.1776 - 16.01.1847)

William Motherby (12.09.1776 – 16.01.1847)

Christian Friedrich Reusch, der jüngere Sohn des Kant`schen Tischgenossen und Professors der Physik Karl Daniel Reusch, erwähnt 1847 in “Kant und seine Tischgenossen”, dass „Dr. med. William Motherby“ wöchentlich ein- bis zweimal Tischgast bei Kant war. Weiter schreibt er: „William war höchst begabt und liebenswürdig, von sprudelndem, treffendem Witze. Den Gefallen am Etymologisieren schien er von Kant zu haben. Seine Lebhaftigkeit und schnelles Auffassen aller Dinge machten ihn in jeder Gesellschaft beliebt, oft zum Mittelpunkt der Unterhaltung. Ein angesehener Staatsbeamter, aus einem anderen Orte, der ihn in einer Gesellschaft so geistreich sprechen hörte, äußerte sein größtes Gefallen, indem ihm seines Orts dergleichen nicht geboten werde. Die Einführung der Kuhpocken-Impfung suchte Motherby durch kleine Schriften zu befördern, wie er überhaupt das Talent besaß, wenn er es geltend gemacht hätte, durch lebhafte kurze Darstellung Volksschriftsteller zu werden. …… Von Dr. med. William Motherby rührte die schöne Idee her, dass sich die Freunde Kants jährlich zu einem einfachen Mittagessen an seinem Geburtstage, dem 22. April, versammelten.“

Prof. Ernst August Hagen in seiner Gedächtnisrede auf William Motherby: „Wie oft er auch im Wissen hoch über den Tischfreunden stand und ihnen in geschickter Durchführung von Behauptungen stets überlegen war, so hat er sicher niemandem wehe getan und wer durch seine Erklärung nicht belehrt, wurde wenigstens niemals durch seinen Widerspruch unangenehm berührt.“

William war ein großer Shakespeare-Verehrer und übersetzte im vorgerückten Alter “Die lustigen Weiber von Windsor”.

Zu Williams Freundeskreis zählten viele bekannte Persönlichkeiten. Neben Kant seien Wilhelm v. Humboldt, Freiherr v. Stein, der Schriftsteller Ernst Moritz Arndt und der Astronom Friedrich Wilhelm Bessel erwähnt, um nur einige zu nennen.

Ernst Moritz Arndt, ein Jugendfreund Williams, schreibt in „Meine Wanderungen und Wandlungen mit dem Reichsfreiherrn Karl Friedrich vom Stein“ über seinen Aufenthalt bei William Motherby in Königsberg Anfang 1813:

„Bei meinem Freunde Motherby verlebte ich ähnliche, aber viel jugendlichere, rauscherige Abende als bei den Dohnas und Schrötters. Dies war ein edles, freies Bürgerhaus, ein vom englischen und Kantischen Geist durchwehtes Haus. Motherbys Vater war ein geborener Engländer aus Hull gewesen, Kaufmann in Königsberg, …., Freund und Tischgenosse Kants. Von dem Geist jenes Lebens hatten die Söhne des Huller Motherbys etwas abbekommen.”

William heiratete 1806 Johanna Tillheim (geb. 29.4.1783 in Königsberg), mit der er zwei Kinder hatte: Anna, genannt Nancy, geboren 1807, und Robert (4.4.1808 – 17.4.1861), der wie sein Vater Arzt und Landwirt wurde.

Johanna Motherby ( 29.4.1783 - 22.08.1842)

Johanna Motherby ( 29.4.1783 – 22.08.1842)

Johanna kam als Tochter eines Königsberger Handwerkers aus eher bescheidenen Verhältnissen. Sie hatte, so ihr Biograph Heinrich Meisner 1893, eine „lebhafte frohe Art“ und eine “gefällige Weise in Wort und Bewegung”. Meisner schreibt weiter: „William war in den ersten Ehejahren durch seinen Beruf und seine Arbeiten für die Stadt sehr in Anspruch genommen, was wohl der Grund dafür war, dass sich die beiden auseinander lebten. Im April 1809 kam Humboldt als Geheimer Rat und Leiter der Sektion für Kultur und Unterricht nach Königsberg. Er wurde schnell ein gern gesehener Gast im Hause William Motherbys, mit dem er die Verehrung für die Kant’sche Philosophie und die Pädagogik Pestalozzis teilte. Bald gesellte sich zu der Freundschaft mit William Motherby eine innige Zuneigung zu Johanna. Nach seinem Abschied aus Königsberg folgte ein reger und leidenschaftlicher Briefwechsel, der erst 1813 abbrach, als Ernst Moritz Arndt in Johannas Leben trat.“ Ernst Moritz Arndt, der wie bereits erwähnt ein Jugendfreund Williams war, kam 1813 mit dem Freiherrn vom Stein nach Königsberg. Zwischen Ernst Moritz Arndt und Johanna Motherby entwickelt sich eine enge Beziehung, die ebenfalls in einem intensiven Briefwechsel dokumentiert ist („Briefe an Johanna Motherby“, herausgegeben 1893 von Heinrich Meisner im Brockhaus-Verlag Leipzig). Die freundschaftliche Verbindung bestand bis zum Tod Johannas (1842) und setzte sich auch zu deren Tochter Anna (genannt Nancy) fort, die er „Nimble“ nannte. Bekannt ist ein Gedicht für die kleine Anna vom 20.3.1813. Die lebenslange Freundschaft mit Anna übertrug Ernst Moritz Arndt auch auf deren Mann Louis Simon und dessen Mutter. Er wurde 1833 Pate des ersten Kindes von Anna und Louis, Wilhelm. Wilhelm Simon starb 1916 im Alter von 83 Jahren. Er galt als „eine der vornehmsten Erscheinungen aus der Zeit der deutschen Privatbahnen“. Als Gerichtsassessor war er in den preußischen Staatseisenbahndienst getreten. Nach mehreren Jahren im Handelsministerium war er viele Jahre Vorsitzender der Direktion der Berlin-Hamburger Eisenbahngesellschaft, bis sie 1884 verstaatlicht wurde, woraufhin ihm die geschäftsführende Verwaltung übertragen wurde. Ende der 1880er Jahre wurde er ins preußische Abgeordnetenhaus gewählt und trat der nationalliberalen Fraktion bei.

Johann Friedrich Dieffenbach (geb. 1.2. 1792 in Königsberg, gest. 11.11.1847 in Berlin) wurde der zweite Ehemann Johannas. Er studierte vom Herbst 1814 bis Anfang 1820 Medizin an der Albertina und war häufiger Gast im Hause Motherby. Er verliebte sich leidenschaftlich in die 9 Jahre ältere Johanna, die seine Zuneigung erwiderte. Ein Ermittlungsverfahren wegen “demagogischer Umtriebe” (Gründung einer Burschenschaft) und seine Liebe zu der Ehefrau eines angesehenen Königsberger Arztes zwangen den inzwischen 28-jährigen Dieffenbach, Königsberg zu verlassen. Dank der Verbindung Johannas zu Wilhelm v. Humboldt konnte Dieffenbach 1823 in Berlin das Staatsexamen ablegen und sich dort als Arzt niederlassen. Seine Praxis blühte, er hatte Patienten aus aller Welt – Prominente und Arme – und wurde Begründer der plastischen Chirurgie an der Berliner Charité.

Im Jahr 1822 ließ sich Johanna von William scheiden und heiratete Dieffenbach 1824. Dieffenbach schrieb damals an einen Freund: “Mein Weib ist nicht jung, nicht schön, nicht reich; aber eben weil ihr dieses alles abgeht, werdet ihr um so gewisser überzeugt sein, dass ich sie liebe. Dagegen besitzt sie einen so unendlichen Reichtum an Güte des Herzens, eine köstliche Bildung, also Güter, die nie zu verlieren sind.”

Die Ehe währte allerdings nur 7 Jahre. Dieffenbach ließ sich 1831 von Johanna scheiden und heiratete im selben Jahr wieder, diesmal eine Frau, die 27 Jahre jünger als Johanna war.

Nach ihrer Scheidung von Dieffenbach gründete Johanna mit ihrer Freundin Elisa von Ahlefeldt (geschiedene Frau des Freikorpsführers Major von  Lützow) einen Salon in Berlin, in dem viele bekannte Persönlichkeiten verkehrten. Sie starb am 22.8.1842 nach kurzer Krankheit.

 Dr. med. William Motherby kurz vor seinem Tode

Dr. med. William Motherby kurz vor seinem Tode

William Motherby überlebte Johanna noch um einige Jahre, obwohl ihm seine Gesundheit zeitlebens zu schaffen machte. Er hat “oft dem Tode getrotzt” (so Prof. Ernst August Hagen in seiner Gedächtnisrede). Anders als Kant trank William Motherby „ein Glas Wein nur den Freunden zuliebe“. Er starb am 16.1.1847 bei klarem Bewusstsein im Alter von 70 Jahren in Königsberg. Die frühere Motherbystraße in Königsberg, heute Mladschewo Leijtenanta Roditelewa, wurde 1911 nach ihm benannt.

Wie sein Vater Robert war William Motherby ein großer Naturfreund. Prof. Ernst August Hagen in seiner Gedächtnisrede: „Mit größtem Geschmack legte er sich den Garten seiner Wohnung an, der jetzt der Loge zu den drei Kronen gehört, und brachte es dahin, dass die Schwäne auf dem Schlossteich heimisch wurden.“ Ab 1832 verließ William Königsberg während der Sommermonate (die Winter verbrachte er weiterhin in Königsberg) und bewirtschaftete das Gut Arnsberg mit großem Erfolg. Er wurde Direktor des Vereins zur Beförderung der Landwirtschaft in Preußen und schrieb zahlreiche landwirtschaftliche Aufsätze. Seine Arztpraxis gab er erst 1840 vollständig auf. In seinen letzten Lebensjahren verfasste er noch eine anthropologische/psychologische – dem Andenken Kants gewidmete – Schrift “Über die Temperamente”, die 1843 im Otto Wigand Verlag (Leipzig) erschien.

Zu der von William Motherby begründeten Gesellschaft der Freunde Kants gehörten auch Williams jüngere Brüder Robert (27.4.1781 – 1.8.1832) und John (16.9.1784 – 19.10.1813). Robert und William standen sich besonders nahe. Robert war zunächst Kaufmann, nicht aus Neigung, sondern auf Wunsch des Vaters. Anders als seinem Vater war ihm allerdings kein geschäftlicher Erfolg beschieden, aber er war ein hochgebildeter Mann und erntete später große Anerkennung als Sprachlehrer und Sprachwissenschaftler. Prof. Ernst August Hagen erwähnte in seiner Gedächtnisrede auf William Motherby, dass dessen Bruder Robert „Beharrlichkeit, Ausdauer, Wissbegierde, Fleiß, Feinfühligkeit, Redlichkeit, Humanität, Liebenswürdigkeit, Bescheidenheit und Humor“ auszeichneten. Robert gab ein Wörterbuch des schottischen Dialekts heraus, es folgten die “Englischen Sprachübungen”, “Die wahre Geschichte von Romeo und Julia aus dem Italienischen des della Scala übersetzt”, “Über das Lernen und Lehren der neueren Sprache mit untermischten Bemerkungen über Sprechen und Sprache überhaupt” sowie zahlreiche weitere Arbeiten, die ihm hohe Anerkennung verschafften. Die königliche deutsche Gesellschaft wählte ihn 1830 zu ihrem ordentlichen Mitglied. Im Sommer 1832 erkrankte er schwer und starb am 1.8.1832 auf einer Erholungsreise in Memel.

John Motherby (geb.16.9.1784 in Königsberg, gest.19.10.1813 bei der Erstürmung des äußeren Grimmaischen Tores in Leipzig)

John Motherby (geb.16.9.1784 in Königsberg, gest.19.10.1813 bei der Erstürmung des äußeren Grimmaischen Tores in Leipzig)

Williams jüngster Bruder John (geb. 16.9.1784) war wie seine Brüder ein vielseitig gebildeter Mann. Im Anschluss an sein Jurastudium wanderte er zwei Jahre durch Deutschland und Europa bis nach Paris und Genua und wurde nach seiner Rückkehr Regierungsrat in Königsberg. Als am 17.5.1813 die Kriegserklärung Preußens an Frankreich erfolgte, meldete er sich freiwillig zur Königsberger Landwehr und kämpfte an der Seite der Russen gegen Napoleon. Er fiel am 19.10.1813 in Leipzig, wo noch heute ein Denkmal an ihn erinnert.

Sein Freund, der aus Tilsit stammende Dichter Max v. Schenkendorf (1783-1817), hat ihn in folgendem Gedicht verewigt:

 

“Auf den Tod von John Motherby, Königl. Regierungsrath und Hauptmann der Königsberg`schen Landwehr 1813.

 

Ach! es ist ein Mann gesunken,

Einer aus der Treuen Schaar,

Den mit hellen Himmelsfunken

Jüngst entzündet dieses Jahr.

Wie ein Held auf seinem Schilde

Liegt er hier an Leipzigs Thor

Auf dem deutschen Lustgefilde,

Das zur Wahlstatt Gott erkor.

Sollen wir so bald dich missen?

Hauptmann, deine Compagnie

Will von keinem Andern wissen,

Und vergißt dich nun und nie.

Vaterhaus und Vatersitte

Und die Freiheit war dir werth,

Also hat ein freier Britte,

Hat dein Vater dich gelehrt.

Und die Kraft war dir gewachsen

In der Freiheit Morgenroth,

In dem schönen Lande Sachsen

Lohnte dich der Freiheitstod.

Wandeln wird die Heldenkunde

Nach der mütterlichen Stadt,

Die mit Gott und Recht im Bunde

Unsre Schaar gerüstet hat.

Hier im deutschen Boden senken

Neben Gellert wir dich ein;

Möchte Gott uns Allen schenken,

Deines Todes werth zu sein.”

15x20 (1)

[1] Der Kant-Schüler und spätere Professoren-Kollege Kants, Karl Ludwig Pörschke (1752-1812), schrieb am 7.2.1798 an den Philosophen Johann Gottlieb Fichte: “Da Kant keine Vorlesungen mehr hält, sich von allen Gesellschaften, das Haus seines Freundes Motherby ausgenommen, zurückgezogen hat, so wird er allmählich auch hier unbekannt, selbst sein Ansehen wird geringer.”

[2] Bekannt sind Kants Briefe vom 28.3.1776 an Christian Heinrich Wolke und vom 19.6.1776 an Johann Bernhard Basedow betreffend die Aufnahme von George Motherby (geb. 7.8.1770) in das Philantropinum.

 

http://www.freunde-kants.com/index.php/de/kant-leben-und-lehre/kant-und-die-familie-motherby.html